Weinbehandlung

Das Erreichen möglichst optimaler Beschaffenheit sowie des mikrobiologischen Schutzes des Weines sind wesentliche Aufgaben des kellertechnischen Teils der Weinerzeugung. Zu den Maßnahmen der Weinherstellung, die der Qualitätssicherung oder -Steigerung dienen, zählen neben der Mängel-Beseitigung während des Weinausbaus die Alkohol-Anreicherung (seltener die Alkohol-Reduzierung), die Säureregulierung und der Verschnitt. Um Haltbarkeit und Reifepotential zu gewährleisten stehen beim Weinausbau verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, traditionell vor allem die Schwefelung.

Die einzelnen Maßnahmen der Weinbehandlung werden nicht zuletzt von den jeweiligen Klimazonen und tradierten Weinbereitungsmethoden bestimmt. In Regionen, in denen hoher Zuckergehalt aber geringe Säurewerte der Trauben zu relativ alkoholeichen, jedoch säurearmen Weinen führen, bedarf es, im Rahmen gesetzlich erlaubter Grenzen, entsprechender Korrekturen. Im umgekehrten Verhältnis können Weine bei geringem Alkohol und hohem Säuregehalt entsprechenden Veränderungen unterzogen werden. Dafür assoziiert die Bezeichnung „Anreicherung“ die eigentliche Absicht des Verfahrens: Steigerung des Genusswertes durch mehr Harmonie der Inhaltsstoffe, indem sich der Wein runder, voller, mundiger und ausgewogener präsentiert.

Viele Prozesse der Weinbehandlung werden in modernen Weinkellern elektronisch überwacht und gesteuert. Bild links: zentrale Informationstafel im Rheingauer Weingut Koegler; rechts: Kontrollstand im Château Haut-Brion, Pessac/Bordeaux (Foto Burdin).

Derartige Prozesse unterliegen keinen festen Regeln. Ob und wie sie angewandt werden – das hängt unabhängig vom jeweiligen Anbaugebiet an natürlichen vor allem klimatischen Vorgaben des jeweiligen Weinjahrganges sowie an den Anforderungen des Markes hinsichtlich geschmacklicher Qualität und Haltbarkeit der Produkte.

Bei Anreicherung und Säureregulierung kommt es schließlich nicht darauf an, die gesetzlich jeweils erlaubten Maximalwerte vollends auszuschöpfen, sondern die Maßnahmen so sinnvoll wie möglich und behutsam wie nötig einzusetzen. Das „Alkoholmanagement“ kann ebenso wie das „Säuremanagement“ nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr orientieren sich beide Bereitungsmaßnahmen jeweils am Gehalt der übrigen Inhaltsstoffe, vor allem am Gesamtextrakt.


Alkohol-Anreicherung

Auch wenn die früher üblichen Begriffe wie „Zuckerung“ oder „Verbesserung“ mittlerweile durch das Wort „Anreicherung“ ersetzt wurden, wird der Erhöhung des Alkholgehaltes gegenüber dem Weinkonsumenten immer noch tabuisiert. Das hat zumindest in Deutschland historische Gründe. Durch den im vorigen Jahrhundert propagierten Begriff des (nicht verbesserten, ungezuckerten) Naturweins geriet der „gezuckerte„ Wein in Verruf. Zur Verbesserung durch Zuckerung kommen zwei Verfahren in Betracht:

○ Die „Trockenzuckerung“, die Ende des 18. Jahrhunderts aufkam und nach ihrem Propagandisten, Minister Jean-Antoine Chaptal, „chaptalisieren„ genannt wird. Dabei wird dem Most vor der Vergärung eine bestimmte Menge Saccharose (Rohrzucker, Rübenzucker, der aus je einem Molekül Glucose und Fructose besteht), bei Tafelwein auch Traubenmostkonzentrat oder rektifiziertes Traubenmostkonzentrat zugegeben. Der zugegebene Zucker vergärt gemeinsam mit dem natürlichen in den Trauben (Most) enthaltenen Zucker. Umfang der Anreicherung und Höchstgrenze des damit erreichten Alkoholgehaltes sind gesetzlich bestimmt.

○ Das andere Verfahren, die sogenannte „Nasszuckerung“, besteht in einer Zugabe von verdünntem Zucker nach Vergärung des Weines. Sie wurde von dem Chemiker Ludwig Gall („gallisieren“) seit 1828 forciert und dient weniger der eigentlichen Alkoholanreicherung als vielmehr der Süßung und der indirekten Säureminderung des Weines. Dieses „Strecken„ von Weinen mit Zuckerwasser bis zu einem Viertel der Gesamtmenge war unter bestimmten Bedingungen noch im Weingesetz des Jahres 1930 sanktioniert. Ab 1979 wurde es - auch in Ausnahmefällen – nicht mehr erlaubt. Angereichert werden darf jeweils nur Wein aus dem neuen Jahrgang im Zeitraum nach der Ernte bis zum darauf folgenden 15. März. Bei Weißweinen, die weniger als 75° Oechsle aufweisen und Rotweinen mit weniger als 80° Oechsle gehört die Anreicherung zum Standard der Weinbehandlung.

In der Kellertechnik kann die Anhebung des Mostgewichtes auf verschiedene Weise vorgenommen werden. Am meisten verbreitet ist dafür die Zugabe von technisch reiner, nichtfärbender Saccharose (Rohrzucker) vor oder bei der alkoholischen Gärung. Sie wird entweder als Raffinade oder Weiß- oder Kristallzucker unterschiedlicher Korngröße benutzt.

Die Vorgaben zu den notwendigen Maßnahmen der Weinbehandlung ergeben die Ergebnisse aus dem Weinlabor, die Aufschluss geben über alle wichtigen Inhaltsstoffe des Weines.

Überwiegend erfolgt die Anreicherung beim Most, indem die zuvor berechnete oder aus einer Zuckerungstabelle abgelesene Menge in einem kleineren Anteil des Mostes aufgelöst wird. Seltener erfolgt beim Weißwein die Anreicherung im Stadium des Jungweines (Umgären). Beim Rotwein, bei dem wegen der oft gewünschten Fülle eine Anreicherung noch notwendiger ist als beim Weißwein, kann sie auch im Stadium der Rotweinmaische erfolgen.

Der dem Most oder der Maische zugegebene Rohrzucker vergärt nicht unmittelbar unter dem Einfluss der Hefe, sondern wird enzymatisch von aus Hefen gebildeten Eiweißstoffen gespalten. Die Spaltung (Invertase von lat. invertere = umdrehen) bewirkt, dass sich durch Drehung die Ebene des polarisierten Lichtes von rechts (Rohrzucker) nach links (Invertzucker) verändert. Weitere gesetzlich erlaubte Anreicherungsverfahren:

○ Zugabe von sirupartigen Rektifizierten Traubenmost-Konzentraten (RTK)
○ Zugabe von konzentriertem Traubenmost (Süßreserve)
○ Mostkonzentration durch physikalische bzw. thermische Trennverfahren des Wasserentzugs wie Vakuumverdampfung oder Umkehrosmose


Alkohol-Minderung

Nicht zuletzt der Klimawandel, aber auch Konsumentenwünschen nach weniger alkoholstarken Weinen führen dazu, dass selbst in den Weinbaugebieten mit moderaten Durchschnittstemperaturen Möglichkeiten zur Reduzierung des Alkoholgehaltes praktiziert werden. Da eine Verdünnung mit Wasser in den meisten Weinbauländern untersagt ist, kommen zur Alkoholreduktion ebenfalls vor allem nur Trennverfahren in Betracht, wie sie z. B. die Schleuderkegelkolonne (Spinning Cone Column SCC) ermöglicht. Dieses Gerät, das auch für das Aromamanagement sowie Mostkonzentrat eingesetzt wird, fraktioniert die flüchtigen Inhaltsstoffe (von knapp einem Zehntel der Weinmenge), die anschließend wieder zusammengefügt wobei unerwünschte Bestandteile (z. B. Alkohol) ausgeschieden werden.

Einst und jetzt: Titelbild „Vollkommener Unterricht vor Kellermeister“ 1779. Rechts: Vollautomatische Membran-Anlage für die Weinfiltration (MicoCross von Strassburger).




Säureregulierung

Bei der geschmacklichen Beurteilung speziell von Weißweinen gilt der Gehalt an fruchtiger Säure als hervorstechendes Merkmal. Aus diesem Grund widmet die Kellertechnik dem Säuremanagement besondere Aufmerksamkeit. Je nach Standort der Weinerzeugung können sich aus einem Übermaß als auch aus nicht ausreichendem Säuregehalt Notwendigkeiten zur Korrektur ergeben.

In Jahrgängen, in denen die Moste bestimmter Rebsorten zu hohe Säurewerte aufweisen, wird die Korrektur zur Säureminderung mittels Entsäuerung von Most oder Wein durchgeführt. Hingegen kann in Jahrgängen, in denen es aufgrund sehr trockenen und warmen Witterungsverlaufes zu Mosten mit extrem niedrigen Säurewerten kommt, auch Säure in Form von Zitronensäure oder Weinsäure zugesetzt werden.

Da sich damit jedoch nicht immer geschmackliche Ausgewogenheit ergibt, werden bereits im Weinanbau Vorkehrungen getroffen, um höhere Säurewerte zu erreichen. So beispielsweise eine zeitlich frühere Ernte oder auch die Wahl von höher gelegenen Weinbergen, die einem feuchteren und kühleren Klimaeinfluss unterliegen. Dies trifft vor allem für Weißweine zu, für die ein ausgeprägter Säuregehalt für die Geschmacksbildung wichtiger ist als bei Rotweinen.

Eine natürliche Methode der Säurereduzierung besteht im biologischen Säureabbau, der im vorhergehenden Kapitel beschrieben wurde. Auf chemischem Wege können Most oder Wein durch die Bindung der Weinsäure an kohlensauren Kalk entsäuert werden. Dieses Verfahren darf gemäß Weingesetz bis zum 16. März des auf die Lese folgenden Jahres durchgeführt werden, und zwar nur in dem Anbaugebiet, aus dem die Trauben für den betreffenden Wein stammen. Die Entsäuerung muss der zuständigen Behörde 48 Stunden zuvor gemeldet und in das Kellerbuch eingetragen werden. In der Praxis wird die Entsäuerung von Most der Weinentsäuerung vorgezogen, da sie unproblematischer durchzuführen ist.

Da gemäß Weingesetz nur einmal entsäuert werden darf, beinhaltet die Säureminderung zuweilen auch ein gewisses Risiko, da man geschmacklich das Resultat der Entsäuerung zuvor niemals genau abschätzen kann. In der Kellertechnik stehen verschiedene Möglichkeiten der chemischen Entsäuerung zur Verfügung:

○ Entsäuerung mit einfachem kohlensaurem Kalk, der als weißes Pulver in zuvor berechnetem Umfang in einer kleineren Menge portionsweise aufgelöst und dem Wein zugegeben wird.
○ Die Doppelsalzentsäuerung, bei der neben kohlensaurem Kalk auch kleine Mengen des Doppelkaliumsalzes der Wein- und Äpfelsäure zugegeben werden. Die Wein- und Äpfelsäure werden durch den Doppelsalzkalk zu gleichen Teilen gebunden, so dass eine größere Entsäuerungsspanne erreicht wird.
○ Die Malitexentsäuerung (von acidum malicum = Äpfelsäure und ex = heraus), die durch das Weingesetz nur für einen begrenzten Zeitraum zugelassen ist. Dabei handelt es sich um eine erweiterte Doppelsalzentsäuerung mit Caliumcarbonat und Zusatz von Weinsäure zum Ausfällen der Äpfelsäure. Das um 1970 entwickelte Produkt führt zu einer besonders intensiven Reduzierung der „sauer“ schmeckenden Äpfelsäure in unreifen Jahrgängen und säurelastigen Weinen.
○ Tafelweine dürfen außerdem mit neutralem Kaliumtartrat, ein geschmacklich neutraler Säureregulator speziell für Weinstein-Entfernung, der vielfach bei Herstellung von Lebensmittelerzeugnissen verwendet wird.

Außerdem gibt es die Möglichkeit, den säurebetonten Wein mit einem säurearmen Wein zu verschneiden.


Schwefelung

In der Weinbereitung können Anreicherung und Säureregulierung notfalls entbehrlich sein, auf eine Schwefelung des Weines wird in der Praxis kaum verzichtet. Seit der Antike wird Schwefel zum Zwecke der Haltbarmachung des Weines eingesetzt. Im Mittelalter war sie fast im gesamten europäischen Weinbau üblich. Sie wurde allerdings später gelegentlich nur in begrenztem Umfang zugelassen oder auch gänzlich untersagt. Wenn auch erste wissenschaftliche Erkenntnisse über die Wirkungsmöglichkeiten des Schwefelns bei der Weinherstellung bereits im 18. Jahrhundert gemacht wurden, so sind bis heute die vielfältigen Einwirkungen der schwefligen Säure nicht völlig geklärt.

Schwefelung dient primär der umfassenden Konservierung, angefangen vom Holzfass über das Stummschwefeln (Gärungsunterbrechung vor allem beim Most zur Gewinnung der Süßreserve) bis zur Flaschensterilisation in der Weinabfüllung. Dabei werden Most, Maische und Wein durch Schwefeldioxid (S02) vor Mikroorganismen und Oxidation (Firnegeschmack, Braunwerden) geschützt. Eine wesentliche Funktion besteht in der Bindung von Acetaldehyd, der zwar nach der Gärung als Nebenprodukt kaum noch vorhanden ist, bei Kontakt mit Sauerstoff jedoch wieder aktiviert wird und zum unangenehmen Luftton („Sherryton“) und möglicherweise auch zu anderen Beeinträchtigungen führt. Auch die Bildung von Histamin (aus der Gruppe der biogenen Amine) wird weitgehend blockiert.

Der jeweilige Bedarf an schwefliger Säure und ihre Wirksamkeit sind sehr unterschiedlich. Säurebetonte und trockene Weine sind durch den gleichen Gehalt an schwefliger Säure besser geschützt als säurearme und liebliche oder süße Weine.

Die Höchstmengen an schwefliger Säure im verkehrsfähigen Wein werden durch das Weingesetz festgelegt. Häufig wird die gesetzlich bestimmte Obergrenze bei der Weinbereitung nicht ausgenutzt, indem zum Teil auch andere Konservierungsstoffe wie beispielsweise Ascorbinsäure (Vitamin C) oder Tannine verwendet werden.

Mit einem umfassenden Wirkungsspektrum kann Schwefel bei der Weinbereitung allerdings kaum durch andere Verfahren ersetzt werden, sofern auf eine längere Haltbarkeit ohne sensorisch nachteilige Veränderungen Wert gelegt wird. Die Schwefelung erfolgt entweder mit Schwefeldioxid oder Kaliumdisulfit (Kaliumsalz). Obgleich die Verwendung von Schwefeldioxid, einem farblosen, stechend riechenden Gas, in der Kellertechnik nicht völlig unproblematisch ist (sie führt unter anderem auch zum Aufhellen von Rotwein) und die Aufnahme von S02 in höherem Umfang aus medizinischer Sicht bedenklich ist, spielt sie in der Kellerwirtschaft eine wichtige Rolle.

In Most, Maische oder Wein löst sich Schwefeldioxid zum größten Teil in schweflige Säure (H2S03) auf. Es verbleibt nur ein geringer Rest von S02. Ein Teil des Schwefeldioxids spaltet sich in Sulfitformen auf, die mit anderen Inhaltsstoffen des Weines Verbindungen eingehen. Nachdem das Abbinden aller Bindungspartner beendet ist, entsteht die freie schweflige Säure, die schützend gegenüber Bakterien und Hefen wirkt und auch den negativen Einfluss von Sauerstoff (Oxidation) verhindert. Diese Wirkung wird bei einer Menge zwischen 35 bis 50 Milligramm pro Liter im Wein erreicht.

Umfang und Zeitpunkt der Schwefelung sind vom jeweiligen Weintyp abhängig. Der Schwefelbedarf von durchgegorenen Weinen ist geringer als von Weinen mit einem höheren Anteil an Restsüße, bei denen der Gehalt an freier S02 40 bis 80 Milligramm pro Liter betragen kann, während bei durchgegorenem Wein bereits ein Gehalt von 25 bis 35 Milligramm pro Liter S02 wirksam ist. Rotwein, der üblicherweise durchgärt und einen biologischen Säureabbau durchgemacht hat, benötigt ebenfalls lediglich maximal 25 Milligramm pro Liter S02, zumal eine höhere Dosis Farbaufhellungen bewirken kann. Weißweine aus edelfaulen Trauben hingegen bedürfen einer höheren Schwefeldioxid-Gabe.

Die Schwefelung wird in den verschiedenen Stadien des Weinausbaus vorgenommen. Entscheidend ist die Phase nach Abschluss der alkoholischen Gärung bis vor oder zum l. Abstich. Unter Umständen kann jedoch auch bereits die Maische mit Kaliumdisulfit geschwefelt werden. Nach dem l. Abstich kann noch eine geringfügige Nachschwefelung (bis zu 20 Milligramm pro Liter) durchgeführt werden. Nach dem 2. Abstich kann der Verschnitt mit der Süßreserve geschwefelt und auch die Schwefelung zum Zwecke der Stabilisierung (jeweils 5 bis 10 Milligramm pro Liter) vorgenommen werden. Vor der Abfüllung ist schließlich eine Zugabe bis zu 10 Milligramm pro Liter möglich. Bei der Schwefelung nach dem 2. Abstich handelt es sich jeweils also um eine schwache S02-Dosis, während die intensivere Schwefelung im Maische-Stadium und vor allem vor oder beim ersten Abstich erfolgt.

Entsprechend den Vorschriften der EU-Weingesetzgebung muss die Verwendung von Schwefel bei Wein mit mehr als 10 mg/l S02 ab Oktober 2005 auf dem Weinetikett mit dem Hinweis „Enthält Sulfit“ deklariert werden.


Verschnitt

Die älteste Methode zur Qualitätsverbesserung in der Weinherstellung ist der Verschnitt. Er wird wesentlich länger und häufiger praktiziert als Alkohol-Anreicherung und Säureregulierung. Die deutschsprachige Bezeichnung Verschnitt, die bei anderen Genussmitteln als Kunst fachmännischer Produktkomposition üblich ist, wird bei Weinbezeichnungen vielfach durch fremdsprachliche Begriffe wie Cuvee, Assemblage oder Blend ersetzt.

Unabhängig von der Wortwahl bleibt der Vorgang im Prinzip stets der gleiche. Praktisch, relativ unkompliziert und daher in vielen Fällen unentbehrlich, gehört Verschnitt (früher auch „Verstich“) zum festen Bestandteil der Weinbereitung. Doch wie stets in der Kellertechnik kommt es auch beim Verschnitt auf das rechte Maß an. Schon der römische Geschichtsschreiber Plinius meinte: „Die Vermischung mehrerer Arten ist niemand zuträglich. Am gesündesten ist der Wein, der … keinen Zusatz erhalten hat.“ In Landverordnungen des 15. und l6. Jahrhunderts wurden bestimmte Verschnitte ausdrücklich untersagt. Die Vorschriften betrafen nicht das Verfahren des Verschneidens an sich, sondern versuchten, den daraus gewonnenen Produkten entsprechend ihrer geographischen Herkunft zutreffende Bezeichnungen zu geben. An diesem Bestreben des Gesetzgebers hat sich bis in die Gegenwart nichts geändert.

In Großkellereibetrieben mit der Anmutung von Industrieanlagen lagern in riesigen Tanks flankiert von Steuerungselementen Jungweine, aus denen innerhalb kurzer Zeit mittels Verschnitt marktgängige Standardqualitäten entstehen.

In der Weinerzeugung werden mit Verschnitt-Maßnahmen unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt:

○ Zusammenfügen von Weinen, die in verschiedenen Partien (Fässern) ausgebaut wurden. Sie können entweder aus einer einzigen Lage stammen und/oder aus einer oder aus verschiedenen Rebsorten mit eventuell unterschiedlicher Beschaffenheit. Auf dieser Grundlage basiert die Erzeugung vieler renommierter Rotweine z. B. in Frankreich (u. a. Bordeaux) oder Italien (u. a. Toskana).
○ Beseitigung sensorischer Mängel
- in der Farbe: zu helle oder zu dunkle Rotweine beziehungsweise zu blasse oder zu farbintensive Weiß- und Roseweine ausgleichen
- im Geruch/Aroma: aufdringlich wirkende Aromen zurücknehmen, duftlose Weine verstärken
- im Geschmack: zu hoher oder zu niedriger Zucker-, Säure- Gerbstoff- oder Alkoholanteil
- im Alter: „Auffrischen“ alt schmeckender Weine durch Zugabe von frischen, jungen Weinen (besser geeignet ist vielfach dafür die Behandlung mit Kohlensäure)

Für die weinrechtlich relevante Kennzeichnung verschnittener Weine sind die jeweiligen Verschnitte korrekt zu berücksichtigen. Dabei ist zwischen Verschnitten zu unterscheiden, die auf die Bezeichnung keinen Einfluss haben („weinbezeichnungs-unschädlich“) und Angaben, mit denen unterschiedliche Herkunft der Verschnittanteile – z. B. bei geographischen Kennzeichnungen – berücksichtigt wurden.

Für die Herstellung von Marken- und Typenweinen, von Port und Sherry sowie von Schaumweinen (Champagner, Markensekt) ist der Verschnitt ein notwendiger Produktionsbestandteil. Das Zusammenfügen von Weinen unterschiedlicher Herkunft und Beschaffenheit zu Erzeugnissen von gleichbleibender Beschaffenheit stellt an die Auswahl der „Grundweine“ und ihre Mischung besondere Anforderungen. Die perfekte Beherrschung dieser schwierigen Aufgabe trägt oft wesentlich zum langfristigen Markterfolg eines Produktes bei.

Vor Durchrührung des Verschnitts wird die jeweilige Zusammenstellung der Verschnitt-Anteile in einem Vorversuch im kleinen Gebinde erprobt. Parallel dazu erfolgt die Verschnittberechnung unter Berücksichtigung der jeweiligen speziellen weingesetzlichen und besonderen bezeichnungsrechtlichen Bestimmungen.

Die Verschnitte werden sodann je nach Umfang in Fässern oder größeren Tanks durch das Vermischen der errechneten Anteile der einzelnen Weine durchgerührt. Der Verschnitt kann jedoch auch schon im Stadium des Mostes oder Jungweines erfolgen. Sinnvoll ist es vielfach, mit dem Verschnitt so lange zu warten, bis die einzelnen Weine sensorisch besser beurteilt werden können, also mindestens nach dem ersten Abstich. Strebt man hingegen eine möglichst perfekte Harmonie des verschnittenen Weines an, so sollte der Verschnitt im Most-Stadium erfolgen, so dass die Verschnittanteile gemeinsam vergären.