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Klima / Boden / Lage

Wie bei fast allen Agrarerzeugnissen sind auch für die Weinrebe drei Faktoren Voraussetzungen für den Anbauerfolg: Klima, Standort und Boden. Mehr noch als bei vielen anderen Pflanzen spielt für das Wachstum der Rebe das Zusammenspiel dieser natürlichen Grundlagen eine große Rolle. Die Rebe wächst zwar auch unter klimatisch diffizilen Bedingungen, wie ihr Anbau in einigen Ländern Zentralafrikas oder Asiens zeigt. Befriedigende Resultate ergeben sich generell aber nur durch die Auswahl von für die jeweiligen Klima- und Bodenverhältnisse geeigneten Rebsorten. So beruht zum Beispiel die Tradition des Riesling-Anbaus in den Weinbauregionen Deutschlands und Österreichs auf der Winterhärte dieser Rebsorte, die Temperaturen bis -15°C verträgt, aber für das Ausreifen ihrer Frucht wesentlich länger benötigt als andere Sorten.

Die Bedeutung des Klimas für den Weinbau wurde schon vor Jahrhunderten erkannt. Einheitliche Parameter als wissenschaftliche Grundlage für die Bestimmung einzelner weinbaugeeigneter Klimazonen wurden vor etwa 200 Jahren entwickelt. In Frankreich gab es Mitte des 19. Jahrhunderts Veröffentlichungen, mit denen die Anbaugebiete unter klimatischen Gesichtspunkten eingeteilt wurden.

Etwa hundert Jahre später unternahmen amerikanische Oenologen und Klimawissenschaftler den Versuch, Kalifornien auf der Grundlage von Wärmesummen (= die Temperatursumme der Wärmetage in der Vegetationszeit) in fünf Klimazonen zu segmentieren. Da dieses System Klimafaktoren wie Luftfeuchtigkeit und Niederschläge nicht berücksichtigt, ist es zur Definition von weingeeigneten Klimazonen allerdings global nicht geeignet.

Mit der Schaffung der gemeinsamen europäischen Weinmarktordnung wurden die EU-Weinbauländer in Weinbauzonen entsprechend der jeweiligen regionalen klimatischen Gegebenheiten gegliedert. Sie bilden die Basis für gesetzlich festgelegte Mindestmostgewichte für die einzelnen Qualitätsstufen sowie die Regelung für Alkohol-Anreicherung (Verbesserung) und Säuerung bzw. Entsäuerung.


Licht und Wärme

Die Hauptforderungen der Rebe für optimales Wachstum an ihre Umwelt sind: Sonnenlicht, Wärme sowie Niederschläge, die sich in jeweils ausgewogener Weise ergänzen. Die jährliche Sonnenscheindauer, die für den Weinbau erforderlich ist, sollte mindestens l 200 Stunden betragen. Sehr gute Reife-Ergebnisse werden bei einer Sonneneinstrahlung von l 800 bis 2 000 Stunden erreicht.

Sonnenlicht ermöglicht als Energiespender die Assimilation (Photosynthese), die Umwandlung anorganischer in organische Stoffe in der grünen Pflanze. Die Rebe benötigt während ihrer Vegetationsperiode von 150 bis 250 Tagen Vegetationszeit eine Beleuchtungsstärke von etwa 20 000 Lux. Dieses Minimum erfüllt in den Monaten von März bis Oktober oft auch ein leicht bedeckter Himmel, so dass nicht immer strahlender Sonnenschein für das Rebwachstum ausschlaggebend ist. Im Gegenteil: Bei einem Überangebot an Licht und Wärme, wie zum Beispiel während der „Hundstage“ im August, kann die Rebe zu intensive Strahlung („Sonnenbrand“) und zu hohe Temperaturen bei Niederschlagsmangel nicht verarbeiten.

Zur physiologischen Reife benötigt die Rebe eine mittlere Jahrestemperatur zwischen 9° und 11° C bei Weißweinsorten und zwischen 10° und 13° C bei Rotweinsorten. Unter 10° C verlangsamen sich die physiologischen Vorgänge in der Rebpflanze, darüber werden sie beschleunigt. Rebblüte und Bildung des Fruchtansatzes stellen sich bei einer Tagestemperatur von mindestens 15° C ein. Für das Ausreifen der Beere sollte die monatliche Mindesttemperatur 10° C betragen.

Aufgrund dieser Ansprüche an die klimatischen Voraussetzungen erfolgt Weinbau vorwiegend in den Zonen der Erde, in denen relativ gemäßigte Klimabedingungen herrschen. Dies ist vor allem zwischen dem 30. und 50. Grad nördlicher und dem 30. und 40. Grad südlicher Breite der Fall. Sowohl in der nördlichen als auch in der südlichen Hemisphäre konzentriert sich der Weinbau vornehmlich auf Regionen mit gemäßigtem, mediterranem Klima. Außerhalb dieser beiden Gürtel, zum Beispiel in feucht-kühlen oder in feucht-tropischen Gebieten, gelingt Rebanbau lediglich in einigen wenigen kleinklimatisch begünstigten Regionen.

Der Klimawandel in jüngster Zeit, der innerhalb von zehn Jahren zum Anstieg der mittleren Jahrestemperatur um durchschnittlich 0,5° C und Veränderungen in Häufigkeit und Intensität der Niederschläge führt, hatte bereits Umstellungen im traditionellen Rebsortiment zur Folge als auch Rebplanzungen in Bereichen, die bislang keine klimatische Eignung für Weinbau aufweisen.

Der intensivste Weinbau wird auf der nördlichen Halbkugel zwischen dem 35. und 47. Breitengrad betrieben. Die hier herrschenden Klimavoraussetzungen beeinflussen in unterschiedlicher Relation Erträge und Beschaffenheit der Weine. Starke Sonneneinstrahlung in den Mittelmeerländern ergibt Weine, die sich vielfach durch hohen Alkohol- und Extraktgehalt sowie niedrigen Säuregehalt auszeichnen. Ausnahmen bilden Regionen, in denen Weinbau in weniger heißen und trockenen Bereichen (ab etwa 450 Meter über dem Meeresspiegel) betrieben wird. Die Beeren verfügen hier über höheren Säuregehalt, so dass daraus auch relativ frische und leichte Weißweine erzeugt werden können. Zudem begünstigen Säuerung und teilweiser Alkoholentzug bei der Weinbereitung die Erzeugung dieser Weintypen.

Klimadaten im globalen Vergleich: Die „Great Wine Capitals“, Metropolen renommierter Weinbaugebiete, im Jahresdurchschnitt auf der Grundlage von Messungen im Zeitraum von drei Jahrzehnten.





In den nördlichen europäischen Weinbauländern dominierten lange Zeit Weine mit einem moderaten (vorhandenen) Alkoholgehalt von etwa 9° bis 11° und einem stabilen Säuregehalt. Der allmähliche Klimawandel führt in einer Reihe von qualitativ guten Jahrgängen immer häufiger zur Ausbildung eines höheren Zuckergehaltes in den Beeren. In der Folge stieg der Anteil der Weine mit einem Alkoholgehalt von 12° bis 13,5°, der angereichert zum Teil noch höhere Gradation erreicht.

Die Zunahme von Alkohol und anderen Extaktstoffen kommt vor allem der Rotweinerzeugung zugute, so dass in den mitteleuropäischen Weinbauländern immer häufiger gehaltvolle und ausdrucksstarke Rotweine erzeugt werden. Gleichwohl herrscht in diesen Weinbauländern weiterhin traditionell der Anbau von Weißweinsorten vor, zumal in den meisten Jahren die entsprechenden Säurewerte die dafür geeignete Voraussetzung bilden.


Luftfeuchtigkeit und Niederschlag

Neben Wärme und Licht sind als weitere Klimakomponente die Niederschläge von Bedeutung. Da viele Weinbergsböden – mit Ausnahme von sandigen Böden - Wasser relativ ausreichend speichern können und die Rebstöcke in der Regel tief wurzeln, müssen die Niederschläge nicht immer in regelmäßigen Abständen einsetzen.

Klimadaten für die Weinjahrgänge 2003 bis 2013 in Rheinland-Pfalz (Weinbaugebiete Rheinhessen, Pfalz, Mosel, Nahe, Mittelrhein, Ahr). Quelle: Deutscher Wetterdienst und Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz




















Für den Weinbau in gemäßigten Klimazonen sind Niederschlagsmengen zwischen 600 und 800 mm (relative Luftfeuchtigkeit 60 bis 80 Prozent) ausreichend, in klimatisch heißen Zonen können sie auch darüber liegen. Diese Mengen werden oftmals nur mit Hilfe zusätzlicher künstlicher Bewässerung – zum Beispiel mittels Tropfbewässerung oder Beregnungsanlagen wie sie auch bei anderen Agrarkulturen eingesetzt werden – erreicht. Entscheidend ist dabei eine auf die Wachstumsbedürfnisse angepasste Wasserzufuhr. Höhere Mengen unterstützen zwar extensives Pflanzenwachstum, vermittelten der reifenden Beere jedoch nicht qualitativ wichtige Extrakt- und Aromastoffe.

Erfahrene Winzer erkennen am Aussehen der Rebe, vor allem ihrer Blätter, ob eventuell zusätzlicher Bewässerungsbedarf besteht. Die im Boden und an der Pflanze vorhandene Feuchtigkeit kann mit modernen, zum Teil digitalisierten Kontrollgeräten ermittelt werden, um die Wasserzugabe zu regulieren. Diese messen nicht nur die Bodennässe, sondern auch die Verdunstung des Wassers am Boden und der Rebe (Evaporation). Während in vielen Weinbauländern der Neuen Welt Bewässerung im Weinbau verbreitet ist, erfolgt sie in den Weinbauländern der EU nur durch gesetzlich geregelte Ausnahmen.

Im Frühjahr sind Niederschläge unter anderem für das Wachstum der Triebe notwendig, im August fördern sie das der Beeren und somit die Erträge. Zu hohe Niederschlagsmengen im Sommer können Pilzkrankheiten auslösen, ebenso wie sie im Herbst bei nicht gesundem Traubengut Fäulnis verursachen können. Bei nicht ausreichenden Niederschlägen vermag Morgennebel - zum Beispiel in den Flusstälern - oder Tau den Regen in gewissem Maße zu ersetzen. Vorwiegend in den nordeuropäischen Anbaugebieten begünstigen Herbstnebel und nächtliche Taubildung längeres Ausreifen der Trauben. Diese feuchtigkeitsintensive Witterung bezeichnen die Winzer als „Traubendrücker“.


Extreme Witterungsverhältnisse

Nicht immer verläuft die Vegetationszeit der Rebe ohne klimatisch bedingte turbulente Ereignisse. Auswirkungen der unterschiedlichsten Wettergeschehnisse machen einen Großteil der wirtschaftlichen Risiken aus, die mit dem Rebanbau zu allen Zeiten verbunden waren.

Neben Temperatur (Hitze, Kälte), Licht (UV-Strahlung) und Niederschlag (Starkregen, Trockenheit), die jeden Weinjahrgang auf sehr individuelle und einzigartige Weise prägen, führen Frühjahrs- oder Spätfrost sowie Herbst- oder Frühfrost zu Ertragseinbußen. Frühjahrsfrost, ein häufiger Begleiter der „Eisheiligen“ im Mai, trägt vorwiegend bei starken Schwankungen zwischen (warmen) Tages- und (kalten) Nachttemperaturen zu Schäden am Austrieb der Rebe bei. Frühfröste beeinträchtigen im Herbst noch nicht reife und daher die noch nicht geernteten Trauben. Sie treten meistens ab Oktober auf und führen zum Welken, Braunfärben und Abfallen der Blätter sowie zur dunklen Verfärbung der Beeren, deren Wein nach dem Keltern eine Geschmacknote aufweist, die als „Frostgeschmack“ bezeichnet wird.

Die Rebe kann zwar während der Wintermonate Minustemperaturen bis zu 15° C vertragen. Gleichwohl kann es je nach Bodenart und Alter des Rebstocks an der Pflanze zu Schädigungen durch strengen Winterfrost kommen; so bei den Augen, aber auch am Stamm oder sogar an der Wurzel. Frostempfindliche Jungpflanzen werden daher durch angehäufte Erde vor Winterfrost geschützt.

Während ihres Vegetationszyklus ist die Rebe gegen Minusgrade (mehr als etwa -2° C) nicht gefeit. Hanglagen sind durch Kaltlufteinfluss weniger stark gefährdet als Flachlagen, in denen vor allem in windstillen Nächten „stehende“ Luft – meist in den frühen Morgenstunden – stark abkühlt. Dieser Strahlungsfrost bildet sich in so genannten Frostlöchern innerhalb eines Kaltluftsees.

Die starken Einbußen, die den Weinbau aufgrund von Frosteinwirkungen belasten, haben zur Entwicklung zahlreicher Verfahren geführt, um dieses Witterungsrisiko zu begrenzen. Das einstmals übliche „Räuchern“ oder „Vernebeln“ durch Verbrennen verschiedener Materialen mit möglichst starker Rauchentwicklung, bei der eine künstliche Wolke über den Reben entstand, kommt – allein aus Gründen des Umweltschutzes – nicht mehr zum Einsatz. An ihre Stelle sind kleine Heizöl- oder Propangasöfen getreten, die den Weinberg „beheizen“. Da dafür jedoch eine Vielzahl kleiner Öfen (bis zu 300 Stück pro Hektar) benötigt werden, wurde dieses aufwendige Verfahren durch moderne Technik abgelöst, wie zum Beispiel Nebelmaschinen, Heizdrähte oder Luftumwälzer.

Kampf gegen Frost im Weinberg – traditionell mit kleinen Öfen oder modern mit Helikoptern, die Kaltluft verwirbeln (und auch für den Pflanzenschutz eingesetzt werden).

Frost wirkt sich in Bodennähe bei starkem Unkrautbewuchs oder hoher Begrünung zwischen den Rebzeilen stärker aus, ebenso bei lockeren Böden, in denen die Bodenwärme schneller entweicht. In einigen Regionen erfolgt das Besprühen der Rebstöcke mit Wasser durch Beregnungsanlagen, das gefrierend einen dünnen Schutzfilm bildet. Die dabei entstehende Erstarrungswärme verhindert, dass die Temperatur an der Pflanze nicht um -0,5°C. sinkt. Dieses Verfahren wirkt bei Frost bis -6° C. Wie vielfältig die Frostabwehr inzwischen betrieben wird, belegen weitere Beispiele, wie Windräder zur Bewindung und Verwirbelung der Luftmassen bei größeren Rebflächen oder breit ausladender Bäume zwischen den Rebzeilen um das Absinken von Kaltluft zu verhindern.

Eine andere Möglichkeit besteht im Einsatz chemischer Frostschutzmittel. Spektakulär, aber offenbar durchaus wirksam, ist der Einsatz von Hubschraubern, die bei Inversionswetterlage die kalten bodennahen Luftschichten mit höheren Luftschichten vermischen. Dieses Verfahren kann jedoch nur großflächig eingesetzt werden und wegen der Lärmentwicklung nur mit Einschränkungen in der Nähe von Wohnsiedlungen. Trotz dieser breiten Auswahl von Möglichkeiten zur Frostbekämpfung bleibt den Winzer oftmals nur als Alternative die Versicherung gegen Ertragsausfälle durch Frost und das Prinzip Hoffnung.

Ähnlich verhält es sich bei Hagelschäden, die den Weinbau fast immer in entscheidenden Vegetationsabschnitten treffen, wie zur Blüte oder zum Beginn der Beerenreife. Da offenbar mit dem Klimawandel auch die Häufigkeit von Hagelschäden zunimmt, haben Versicherungen gegen die daraus resultierenden finanziellen Einbußen (Hagelversicherung) für die Winzer zunehmend Bedeutung.

Schäden an Blättern und Blüten durch Hagel

Hagel führt je nach Größe der Hagelkörner und Intensität vom Durchlöchern und Abfallen der Blätter, Aufplatzen der Beeren, Abfallen der Trauben bis zur völligen Entlaubung und Holzschäden der Rebstöcke sowie zur beträchtlichen Bodenerosion. Zur Verhinderung von Hagel werden unterschiedlichste Versuche unternommen, die eine Installation von Hagelnetzen ebenso umfassen wie Einsatz von Hagelraketen oder Hagelfliegern, die in die Gewitterwolken Silberjodid ausbringen, das zum normalen Abregnen führen kann.

Die vom Hagel und Unwetter geschädigten Stöcke müssen stark zurückgeschnitten werden. Kann noch eine teilweise Traubenreife erfolgen, müssen Maßnahmen gegen Pilzinfektionen, vor allem Befall mit Peronospora (falscher Mehltau, Blattfallkrankheit) erfolgen, da die mit Hagelniederschlägen oft verbundene feucht-warme Witterung die Ausbreitung dieses Pilzes bewirkt.


Klein- und Mikroklima

Die lokalen Klimaverhältnisse einer Gemarkung werden im Unterschied zum regionalen Makroklima als Kleinklima bezeichnet. Der Begriff ist nicht nur im Weinbau, sondern auch für andere spezifische Klimaverhältnisse in räumlich begrenzten Bezirken gebräuchlich. So bewirken zum Beispiel im Zentrum von Großstädten höhere Temperaturen und Niederschläge ein anderes Kleinklima als in stadtnahen, nicht intensiv besiedelten Außenbezirken.

Für das Kleinklima (oder Lagenklima) im Rebanbau spielen unter anderem Höhenlage und topografische Ausrichtung des Weinbergs eine Rolle sowie umgebende Bewaldungen, Gewässer und benachbarte Berg- oder Hügelketten. Großen Einfluss auf das Kleinklima besitzen Flussläufe, die Meeresnähe, aber auch angrenzende städtische Bebauungen (u. a. durch Emission). Talkessellagen weisen andere Klimawerte auf als die sie umgebenden Areale, in denen zum Beispiel davon abweichende Höhe und Windeinwirkungen andere Temperatur und Luftfeuchtigkeit ergeben.

Derartige kleinklimatische Bedingungen macht sich der Weinanbau insbesondere nördlich des 47. Breitengrades zunutze, indem für ihn jeweils spezielle auf die klimatischen Wachstumsbedingungen der Reben ausgerichtete Standorte gewählt werden. Sie ermöglichen den Reben durch relativ milde Witterung ein günstiges Wachstum.

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Die steilen Rebhänge am Rüdesheimer Berg profitieren von der breiten Wasseroberfläche des Rheins, die Sonnenstrahlung reflektiert und ein günstiges Kleinklima bewirkt



















Bestandsklima

Im Weinberg entwickelt sich in Abhängigkeit von Bodenart, Pflanzdichte und Erziehungsart der Rebe das bodennahe Bestandsklima, das gegenüber dem Makroklima mehr Schwankungen aufweist. Bei Windstille und sonnigem Wetter kann es von der Witterung des weiteren Umfeldes beträchtlich abweichen. So können zum Beispiel in einem Weinberg mit Drahtrahmenerziehung und einer Zeilenbreite von etwa 2 Metern die Temperaturen 3° bis 5° C über denen des Umfeldes außerhalb des Rebbestandes liegen. Ursache ist unter anderem die Temperaturdifferenz zwischen einem von der Sonne bestrahlten Rebblatt und der Lufttemperatur, die bis zu 10° C betragen kann.

Auch die Luftfeuchtigkeit ist um einige Prozent höher und fördert somit die Assimilation der Rebe. Bei freistehenden Rebstöcken oder in Rebzeilen mit sehr breiten Gassen werden diese Werte nicht erzielt. Gerade in den niederschlagsarmen und heißen Anbauregionen werden Reben in weitem Abstand gepflanzt, um ihnen die Versorgung mit weniger vorhandenem Wasser zu ermöglichen.


Der Standort

Gilt der Witterungsverlauf eines Jahres als Hauptkriterium für die Qualität eines Weinjahrganges, so stellt der Standort der Rebfläche, die Lage (in Österreich Riede), eine Grundvoraussetzung für das Erreichen eines befriedigenden Ertrages dar. Daher besitzt die Angabe der Lagenbezeichnung bei der geographischen Herkunftskennzeichnung als Indikator für die Weinqualität große Bedeutung.

Weinberge unterhalb des Rotenfels an der Nahe, steilste Felsenformation nördlich der Alpen.

Je mehr der Weinbau an klimatisch wenig geeignete Gebiete heranreicht, desto entscheidender ist die Wahl eines ertragssicheren Standortes. In sehr warmen Zonen der nördlichen und südlichen Halbkugel werden hochgelegene Standorte bevorzugt, um leichtere und bukettreiche Weine zu erhalten. In Sizilien wird auf den Ätnahängen bis zu einer Höhe von 1 200 Metern über dem Meeresspiegel Wein angebaut, in Peru in 1 400 Metern, in Afghanistan zwischen 1 500 und 2 500 Metern und Bolivien über 2 500 bis 3000 Metern.

Pro 100 Meter Höhe über dem Meeresspiegel nimmt die mittlere Jahrestemperatur um 0,6° C ab. Dadurch wird zum Beispiel am Ätna eine Reduzierung des Mostgewichtes von etwa 5° Öchsle pro 100 Meter Höhendifferenz erreicht. Der Säuregehalt nimmt gleichzeitig zu. Am 50. Breitengrad beschreitet man den umgekehrten Weg. Da hier bereits durch die natürlichen Klimawerte ein relativ hoher Säuregehalt der Weine (zum Beispiel an Mosel und Mittelrhein) gegeben ist, werden nur die besonders sonnigen und warmen Lagen ausgewählt, wobei selten eine Höhe von 400 Metern über dem Meeresspiegel überschritten wird. Lediglich in einigen alpenländischen Enklaven im Wallis und vereinzelt in der Südsteiermark werden Weinberge noch in einer Höhe von 900 Metern über dem Meeresspiegel bewirtschaftet.

Die Neigung

In den meisten Weinbauregionen bestimmen Hangneigung und Exposition die Ausrichtung der Rebanpflanzung nach einer Himmelsrichtung, die Eignung und Qualität einer Lage. In klimatisch begünstigten Regionen werden für produktionsintensive Anpflanzungen Flachlagen bevorzugt, zumal diese großen Einheiten in ihrer Bewirtschaftung kostengünstig sind. Sie werden vorzugsweise für den Anbau von preiswerten Konsumweinen in den Weinbauländern der Neuen Welt genutzt.

Demgegenüber erfolgt in den meisten europäischen Weinbauländern der Rebanbau überwiegend in Flurstücken mit einem Gefälle von etwa fünf bis 30 %. Diese Hanglagen bieten den Vorzug, dass die Reben sich in wesentlich geringerem Maße beschatten als in ebenen Lagen, so dass sie von längerer Sonnenbestrahlung profitieren.

Ab einem Gefälle von 30 % (ca. 16°) spricht man von einer Steillage, Gemarkungen mit einem Neigungswinkel ab 50 % werden als Steilstlage bezeichnet.

Mit 60° Neigung steilste Lage im deutschen Weinbau ist der Bremmer Calmont an der Mosel
Flach- und Hanglagen an der Côtes de Beaune in Burgund

Bodenbearbeitung und Düngung, Laubarbeiten und Pflanzenschutz sowie Weinernte in Steillagen erfolgen bei der Einzelstockerziehung wie an der Mosel manuell. Der Einsatz von Seilzuggeräten und von Schienensystemen wie die Monorackbahn sowie bei Steillagen bis zu 40 % Neigung auch von Aufsitz-Raupen und Schmalspur-Direktzug ermöglichen maschinelle Bearbeitung. Bei Steillagen besteht zudem beträchtliche Erosionsgefahr mit der Folge des Abschwemmens des Bodens bei starken Regenfällen, so dass sie im Rahmen von Flurbereinigungsmaßnahmen um starke Gefälle „entschärft„ und mit modernen Wegenetzen, Stützmauern und Wasserabflusssystemen versehen werden. Sofern es die Parzellierung der Weinberge zulässt, ist durch ihre Umstellung auf Querterrassierung auch bei Steillagen ein maschineller Einsatz möglich. Allerdings verringert sich durch die Anlage von Böschungen die Nutzfläche für den Rebanbau.

Der Arbeitsaufwand zur Bewirtschaftung kleinterrassierter Steil- und Steilstlagen ist etwa doppelt so hoch wie in flurbereinigten und für den Seilzug erschlossenen Anlagen. Die dadurch entstehenden hohen Produktionskosten, die durch Erlöse aus dem Verkauf von „Steillagenwein“ vielfach nicht gedeckt werden, führen neben sozialen und strukturellen Problemen zum Rückgang des Steillagenweinbaus. (An Mosel und am oberen Mittelrhein betrug der Rückgang in den letzten 15 Jahren etwa 20 %.) Durch staatliche Stützungs- und Förderungsmaßnahmen werden finanzielle Anreize zum Erhalt der Steillagen geschaffen, zumal sie in den betreffenden Ländern wichtiger Bestandteil der Kulturlandschaften darstellen und für den Naturschutz ebenso bedeutend sind wie für den regionalen Tourismus.


Die Exposition

In der Geographie wird die Ausrichtung einer Fläche zur Himmelrichtung als Exposition bezeichnet. Im Weinbau ist sie wegen der unterschiedlichen Länge und Intensität der Sonnenstrahlung auf die Reben in Hanglagen von Wichtigkeit. Mit Ausnahme des Nordens kommen für den Weinbau alle anderen Richtungen in Betracht.

Durch die intensive Sonneneinstrahlung beginnt auf dem Südhang die Vegetation 10 bis 14 Tage früher als in anderen Lagen. Reine Südlagen gelten in den nördlichen Weinanbaugebieten oft als Spitzenlagen, zumal dann, wenn sich ihre Bodenzusammensetzung als besonders geeignet für die besten Qualitätssorten erweist. Vielfach wird Weinbau in einer Exposition betrieben, die teilweise oder gänzlich nach Osten oder Westen ausgerichtet ist. Osthänge profitieren von der Morgensonne, erwärmen sich sehr schnell, sind aber dementsprechend auch stärker gefährdet durch Frühjahrsfröste. Westhänge mit der Besonnung am Nachmittag vermögen die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht besser auszugleichen und sind somit weniger frostgefährdet.

Nordhänge werden lediglich in den südlichen Anbaugebieten, teilweise in Verbindung mit anderen Expositionen, bebaut, für den mitteleuropäischen Weinanbau werden sie nicht genutzt. Bei der starken Expansion der Rebflächen in vielen Weinbauländern werden die Reben aus Gründen einer rationellen, mechanisierten Bearbeitung in weitläufigen Flach- und Tallagen angepflanzt. Der breite Zeilenabstand ermöglicht zwar eine relativ gute Besonnung der Rebstöcke, doch liegt die hier erzielte Weinqualität in den meisten Fällen unter der aus Hang- oder Steillagen.


Die Weinbergsböden

Während im Weinanbau in der Neuen Welt Klima und Topografie als die bedeutendsten Faktoren angesehen werden, besitzt in den meisten mitteleuropäischen Weinbauregionen die Eignung der Weinbergsböden eine mindestens gleich große Priorität. Diese Einschätzung spiegelt sich besonders deutlich wider in dem hohen Stellenwert, den die Qualitätsbeurteilung nach den Kriterien des Terroirs besitzt. Dieser ursprünglich in Frankreich, inzwischen international gebräuchliche Begriff bezieht sich über die Bodenbeschaffenheit hinaus auf die Einflüsse von Klima und Lage auf den Weincharakter.

Böden für Weißweinreben: Kalk- und nährstoffreicher Lößboden in Rheinhessen , Schieferboden an der Mittelmosel (Foto: DWI), roter, steinreicher Mergelboden in Burgund

Für den Rebanbau kommen Verwitterungsböden, Sedimentsböden, Lößboden, Sand- und Tonböden infrage, Nassböden, salzige sowie stark saure Böden sind hingegen ungeeignet. Von Bedeutung sind die Nährstoffe, die sich bei der chemischen Verwitterung der Böden bilden und die Fruchtbarkeit des Bodens beeinflussen. Primäre Bedeutung haben Stickstoff, Kalium und Phosphor sowie Spurenelemente wie Mineralien. Obgleich die reinen Humusböden die nährstoffreichsten und besten Wasserspeicher darstellen, sind sie für den Rebbau nicht geeignet, da sie nur einen charakterlosen Wein hervorbringen würden, da die Rebe stark ins Kraut schießt, aber nur eine substanzarme Frucht ergibt.

Die Eignung des Bodens für den Weinbau resultiert aus seinen Eigenschaften wie die physikalische Zusammensetzung, unter anderem die Krümelstruktur, von der die Durchlüftung des Bodens abhängig ist sowie die im Boden enthaltenen Organismen und nicht zuletzt sein Wasserhaushalt mit der Bodenfeuchtigkeit durch Sickerwasser.

Parallel zur Erdoberfläche verlaufen verschiedene Schichten, sogenannte Bodenhorizonte, die meist sehr unterschiedliche Zusammensetzungen aufweisen und in ihrer Gesamtheit den Weinbergsboden bilden, von dem die Rebe in ihrem Wachstum abhängig ist. In ihrer geologischen Beschaffenheit zeigen die Weinbergsböden ein äußerst differenziertes Bild, so dass hier nur die in Mitteleuropa am meisten verbreiteten Rohböden vorgestellt werden.

Lößböden besitzen eine gute Eignung für den Weinbau, da sie Wasser und Luft speichern können und über eine gute Struktur verfügen. Sie kommen für den Anbau von fast allen Rotweinsorten sowie vieler Weißweinreben in Betracht. Zur Gruppe der warmen und trockenen Böden gehören die Sandböden, die allerdings ein geringes Wasserhaltevermögen besitzen. In regenarmen Gebieten sind sie daher für den Weinbau nicht besonders geeignet, es sei denn, man bepflanzt sie mit Rebsorten, die Trockenheit vertragen. Reine Flugsandböden (mit 90 Prozent Sandanteil), wie man sie in Südfrankreich, in Ungarn und einigen anderen Ländern findet, sind gegenüber der Reblaus immun. Sie können daher wurzelechte Reben aufnehmen, so dass auf Pfropfreben mit amerikanischen Unterlagsreben verzichtet werden kann.

Aufgrund ihrer hohen Durchlässigkeit gehören auch Steinböden zu den trockenen, gut erwärmungsfähigen Bodenarten. Wenn sie reichlich verwittertes Steinmaterial aufweisen, haben sie genügend Nährstoffe, ansonsten benötigen sie viel Humus. Auf felsigen und erwärmungsfähigen Böden wie Tonschiefer, Gneis, Porphyr, Melaphyr und Basalt wachsen die qualitativ wertvollsten Weiß- und Rotweine.

Den Übergang vom Sand- zum Tonboden bilden neben Löß- auch Lehmböden. Sie haben unterschiedliche Tonanteile und gelten - obwohl sie schon zu kälteren Bodenarten zählen - als gut geeignete und fruchtbare Weinbergsböden. Wegen seines meist hohen Wassergehaltes wird der Ton zu den kalten Böden gerechnet, er ist außerdem ziemlich schwer zu bearbeiten, so dass er nur bei höherem Steinanteil für den Weinanbau geeignet ist.

Nährstoffreiche Kalk- und Mergelböden kommen für den Weinanbau vor allem dann in Betracht, wenn sie durchlässig und trocken sind. Kalk- und Kreideböden, wie sie verbreitet in den geologischen Formationen der Champagne, aber auch in Burgund und Bordeaux anzutreffen sind, haben gleichfalls eine hervorragende Eignung für den Weinbau, da sie über einen ausgeglichenen Feuchtigkeits- und Wärmehaushalt verfügen.

Von manchen Weinen, die auf Muschelkalkböden gewachsen sind, kann man am deutlichsten den typisch erdigen Duft und Geschmack herausfinden, den die schwäbischen Weintrinker so treffend mit dem Ausdruck „Bodag'fährtle“ bezeichnen.

Böden üben mittelbaren Einfluss auf Geschmack und Charakter ihrer Weine aus. Schwere Lehm- oder Tonböden ergeben vollmundige, kräftige Weine; auf leichten Böden, vor allem Sandböden, wachsen elegante, leichte und milde Weine. Auf Kalkböden geraten die Weine kräftig, auf dunklen, mineralhaltigen Schieferböden fallen sie oft pikant und spritzig aus. Auf den hitzigen, wärmespeichernden Vulkanböden wachsen feurige Weine.

Für die Beurteilung der Bodenart spielt auch die Farbe eine gewisse Rolle. Dunkle Böden sind in der Lage, die Wärmestrahlen der Sonne zu absorbieren, während helle Böden sie zu einem großen Teil reflektieren. Dunkelgefärbte Weinbergsböden bringen deshalb im allgemeinen bei gleicher Bodenbeschaffenheit Weine von besserer Qualität hervor als helle.

Wieder- und Neubepflanzung von Terrassen- und Steillagen an der Mosel

Die jeweiligen natürlichen Merkmale der genannten Bodenarten kommen letztlich nur bei entsprechender Pflege und Bearbeitung im Weinertrag zur Geltung. Bei wachsender Bedeutung des ökologischen Weinbaus spielt die Begrünung sowie die anorganische Düngung eine wichtige Rolle. Bei der Neuanlage von Weinbergen werden spezielle Maßnahmen zur Verbesserung wie Umschichten des Bodens durch tiefes Umpflügen (Rigolen) und Einbringen von Dünger und Mineralstoffe vorgenommen.

Weinbauwürdige Flächen werden vornehmlich aufgrund ihrer speziellen Bodenbeschaffenheit ausgewählt. Die Auswahl der jeweiligen Rebsorten, die zur Anpflanzung vorgesehen sind, geschieht in Anpassung an die spezifischen Eigenschaften des Bodens. Dementsprechend werden bei der Neuanlage von Weinbergen oder ihrer Wiederbepflanzung Empfehlungen für die Verwendung spezieller Sorten und Unterlagsreben berücksichtigt. Sie leiten sich von detaillierten geologischen Bodenkarten ab, die das Bodenprofil, der vertikale Querschnitt durch den Weinbergsboden, darstellt. Mit zahlreichen Erdbohrungen werden dafür neben dem Gestein und der Bodenart unter anderem auch die Fähigkeit der Wasserspeicherung, der gesamte Wasserhaushalt und der Kalkgehalt bestimmt. Diese Daten erleichtern nicht nur die Sortenwahl, sondern sind auch für geplante Begrünungs- und Beregnungsmaßnahmen sowie Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmittel hilfreich.